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ir ist sicherlich bewusst, dass jeder für sein eigenes Glück verantwortlich ist. Geld, ein Job, Kinder oder der Partner dürfen nicht als einzige Glücksquelle erachtet werden. Das Glücklichsein liegt in uns selbst, was zu den wichtigsten Tipps, des Glücklichseins gehört. So logisch dies auch klingt, es umzusetzen ist nicht so leicht. Besonders schwer ist es, wenn der geliebte Ehepartner unter Depressionen leidet. Du fühlst dich mit ihm schlecht und willst ihm helfen. Manche Partner glauben sogar, sie wären für die Depressionen verantwortlich, was einen Strudel an Schuldgefühlen auslöst. Nicht selten wird die Situation so schlimm, dass der nicht-depressive Partner selbst depressive Verstimmungen oder andere Störungen ausbildet. Ist es möglich, trotz depressivem Partner glücklich zu sein? Darfst du das überhaupt? Na klar! Und wir zeigen dir anhand eines authentischen Erfahrungsberichts, wie das gelingen kann.

Ich bin glücklich in der Beziehung mit einem depressiven Partner

An manchen Tagen bin ich von mir selbst überrascht. Wie kann ich an der Seite von einem depressiven Menschen so glücklich sein? Während er häufig Trübsal bläst und in der Negativität der Welt verharrt, begrüße ich den Tag mit einem Lächeln. Doch ich muss zugeben, dass das nicht immer so war. Als bei Florian drei Jahre nach unserer Hochzeit eine Depression diagnostiziert wurde, steckte ich mit in der tiefen Dunkelheit.

Es kostet mich unheimlich viel Kraft, jeden Morgen aufzustehen und Licht in mein Herz zu lassen.

Bei all dem Mitgefühl, was ich für ihn hatte und habe, war ich manchmal dennoch wütend auf ihn. Wieso muss er oft so traurig sein und kann nicht fröhlich durch das Leben schreiten wie ich? Was wäre, wenn ich einen anderen Mann geheiratet hätte? Fragen wie diese, stelle ich mir seit Jahren nicht mehr. Ich liebe Florian, ich will keinen anderen Mann, ich bin dankbar für das, was ich habe – im Leben und mit ihm. Für manche Ohren klingt dies sonderbar, aber so ist es. Und ich bin keine Märtyrerin und keine Masochistin.

Über mich selbst hinauswachsen

Es mag Menschen geben, die sich hilfsbedürftige Partner suchen. Ich gehöre nicht dazu. Bei Florian ist die Depression erst mit den Jahren entstanden. Es schien, als hätte es sich einfach "angeschlichen". Dabei war mir schon bekannt, dass er es in der Kindheit nicht leicht hatte und schon immer darunter litt. Als seine Depression zum Vorschein kam, hatte ich zwei Optionen: 1. Weggehen 2. Bei ihm bleiben und selbst wachsen. Mit ihm zu leiden, war für mich langfristig keine Option. Sie hätte Florian auch nicht gefallen, denn er liebt mich aufrichtig. Er will das Beste für mich. Von Anfang an war mir klar, dass ich ihn aufrichtig liebe und ich ihn „nur“ wegen der Depression nicht verlassen werden. Also blieb nur noch ein Weg: Ich wachse an der Situation.

Seine Therapie war auch Therapie für mich

Am schwersten war die Zeit der Ungewissheit. Bevor Florian die Diagnose Depression erhielt, fragte ich mich, was mit ihm los sei. Liegt es an mir? Kann ich ihn nicht glücklich machen? Schon damals verneinte er die Fragen vehement, aber sie ließen mich nicht los. Sie waren wie eine dunkle Wolke, die uns immer begleitete. Irgendwann wurde sein Zustand so schlimm, dass er nicht mehr das Haus verlassen wollte. Er kündigte seinen Job und trieb in einem Strudel der Gleichgültigkeit. So erschien es zumindest. Irgendwann sah er ein, dass er Hilfe braucht, die ich ihm nicht geben kann. Der Besuch eines Therapeuten und dann in einer Klinik war lebens- und beziehungsrettend.

Jemand anderer nahm mir ein Stück weit Verantwortung ab, die ich gar nicht tragen konnte.

Darüber hinaus hatte ich während seines Klinikaufenthaltes Zeit für mich. Das klingt brutal und egoistisch. Ist es aber nicht. Meine Liebe zu Florian war ungebrochen groß, aber ich musste mich auch um mich selbst kümmern. Ich traf alte Freunde wieder, renovierte die Wohnung und ging zum Zumba. Es war Zeit für mich und wieder an der Zeit, mich zu spüren. Tief in mir wusste ich nämlich eines schon längst: Nur wenn ich eine selbständige, glückliche Person bin, kann ich für Florian da sein. Und so war es auch.

Ich bereue nichts

Florian ist noch immer in Behandlung, jetzt ambulant. Seine Depression ist immer präsent – mal weniger, mal stärker. Wir haben beide gelernt, damit umzugehen. Ich weiß besser, wo meine Grenzen des Erträglichen sind. Seine Sorgen und Nöte kann ich mir anhören, aber ich nehme sie nicht mehr persönlich. Sie kratzen nicht mehr so stark an meiner Seele. Ich weiß, dass es die Depression ist, die aus ihm spricht. Das ist eine Krankheit. Trotz der tiefen Täler, durch die Florian hin und wieder schreitet, tut er sein Bestes für mich. Das weiß ich und das spüre ich. Ist das zu wenig? Nein, es ist nicht zu wenig. Er ist, wie er ist und ich liebe ihn – ohne Wenn und Aber. Natürlich würde ich mir wünschen, es würde ihm besser gehen. Allerdings ist die Situation so, wie sie ist. Ich kann sie nicht grundlegend ändern, aber ich kann die Sichtweise darauf ändern und wie ich mich fühle.

Das ist auch für Florian eine große Hilfe. Gemeinsam gehen wir durch die Dunkelheit, ohne dass ich mich zu stark davon beeinflussen lasse.

Ich tanke bewusst Kraft, indem ich mir die Lebensfreude erhalte.

In guten Phasen ist dies zusammen mit Florian möglich. In schlechten Phasen helfen mir meine Hobbys, meine Arbeit und meine Freunde. Ich muss mich nicht für meine Lebensfreude und mein Lebensglück schämen. Ich darf mein Dasein auf Erden genießen, was auch Florian letztlich guttut.

Glücklich bin ich mit ihm und ohne ihn. Auf ihn verzichten möchte ich nie. Er ist Teil meines Glücks, aber ich weiß, dass ich für mein Glück selbst verantwortlich bin.

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Photo by Joanna Nix-Walkup on Unsplash

Publiziert am 
Nov 30, 2021
 in Katgorie
Beziehungen

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