as wäre die Welt ohne die zahlreichen tüchtigen Frauen? Legendär dafür sind die Trümmerfrauen der Nachkriegszeit, die in schwersten Zeiten ohne Mittel oder männliche Unterstützung ein Land aufbauten. Und auch heute finden sich diese Frauen – rund um den Globus. Sie opfern sich für Familie, Arbeit, Gesellschaft, Kirche und Freunde nahezu auf. Auf der einen Seite ist dies bewundernswert, aber auf der anderen Seite kann ein Zuviel an Tüchtigkeit in einer schweren Lebenskrise enden. Woher kommt die Verpflichtung, stetig auf Hochtouren zu laufen? Es gibt legitime Umstände, die solch ein hohes Engagement rechtfertigen, aber, dahinter kann sich auch ein "Brave-Tochter-Syndrom" verstecken, welches in zahlreichen Kulturen das Frauenbild prägt.
Hauptsache, die anderen sind glücklich
Hast du einmal darüber nachgedacht, was du als „gute Frau“ erachtest? Wofür stehen Mütter und Mädchen? Wer ehrlich zu sich ist, erkennt, dass wir zwar in einer modernen Welt leben, das Frauenbild aber noch in alten Traditionen verharrt. Dies ist auch selbst bei den Frauen so, weswegen wir an dieser Stelle keinesfalls den Männern den Schwarzen Peter zuschieben möchten. Viele von ihnen wissen gar nicht, dass ihre Frau, ihre Tochter oder ihre Mutter sich mehr oder weniger unbewusst einem krank machenden Frauenbild unterwirft. Dieses hat als Grundsatz: Hauptsache, die anderen sind glücklich.
Als Folge daraus verausgaben sich die Mütter und Frauen und leiden einfach still an dieser Überbelastung.
Sie stellen ihre eigenen Wünsche komplett in den Hintergrund und hinterfragen dies nicht einmal. Sie überanstrengen sich über Jahre hinweg, bis der Körper irgendwann streikt - oder die Psyche, oder beides. Letztlich kann dies dann in ein Burnout, eine Scheidung oder eine Lebenskrise münden. Doch das muss nicht sein.
Was ist eigentlich das Brave-Tochter-Syndrom?
Hinter dem Brave-Tochter-Syndrom verbergen sich brave Töchter aller Altersgruppen. Es sind Frauen, die es nicht gelernt haben, sich abzugrenzen. Sie haben gelernt, dass sie von ihren Eltern nur Anerkennung erfahren, wenn sie nützlich sind. Liebe musste sich verdient werden. Ob Mutter und Vater dies wirklich so sahen, ist unwichtig. Es geht darum, was das Kind wahrgenommen und für sich umgesetzt hat.
In der Tat stammen die braven Töchter häufig aus Familien, in denen die Eltern viel Schweres erlitten haben. Das Kind agierte dann wie ein Seismograf.
Es spürte sehr früh, dass es Mutter und/oder Vater nicht gut ging. Als liebende Tochter hat es dann versucht, das Leben der Eltern zu erleichtern. Wie? Durch ein tadelloses Verhalten. Das bedeutet, dass es keine Probleme bereitete, tüchtig war und Probleme mit sich allein ausmachte. Hieraus konnten die braven Töchter sehr wertvolle Qualitäten wie Fleiß und Strebsamkeit entwickeln. Doch wie immer im Leben hat die Medaille zwei Seiten. Das verfrühte „Großsein“ kann eine Lebenskrise durch Überforderung hervorrufen.
Mutterbild unterstützt das Brave-Tochter-Syndrom
Erschwerend wirken sich das Mutterbild und Frauenbild auf das Brave-Tochter-Syndrom aus. In vielen Kulturen steht die Frau bzw. Mutter für die Person in der Gesellschaft, die sich um alles kümmert. Sie ist für das Wohl der anderen da und sorgt sich um das Gegenüber. Nie wird sie laut, nie muckt sie auf, nie ist sie unzufrieden. Ja, sie „darf“ vielleicht bestimmen, was die Familie isst oder wohin es in die Ferien geht, aber sie kocht das Essen und bucht die Reise. Die heutige Frau vereint dieses traditionelle Rollenbild gern mit dem modernen Frauenbild der erfolgreichen Berufstätigen. Dadurch halst sie sich letztlich jedoch noch mehr auf. Sie möchte nun perfekt für Familie und Freunde da sein sowie im Beruf glänzen. Wie soll das gehen? Unmöglich!
Das Umfeld merkt nichts
Frauen, die das Brave-Tochter-Syndrom in sich tragen, haben dies nicht auf ihre Stirn tätowiert. Nicht jede sehr tüchtige und fleißige Frau „leidet“ darunter. Für gewöhnlich wissen die Betroffenen über eine lange Zeit hinweg nicht einmal selbst, dass sie sich überfordern. Wie soll das Umfeld daher davon wissen? Selbstverständlich ist es wichtig, die Hilfsbereitschaft und Aufopferungsfähigkeit eines lieben Menschen zu hinterfragen, aber letztlich kann nur der Betroffene selbst bemerken, wenn „das Zuviel“ an Belastung erreicht ist.
Kann eine Frau nicht frühzeitig erkennen und ausdrücken, dass sie auf dem Weg zur Überbelastung ist, gehen rasch Beziehungen in die Brüche.
Berechtigt oder unberechtigt fühlt sie sich von dem Partner, den Nachbarn, der Familie, den Kollegen oder anderen Bezugspersonen ausgenutzt. In der Tat nutzen manchen Menschen die braven Töchter aus, aber manchmal wissen sie gar nicht um deren Überforderung. Von beiden Seiten ist daher Fairness gefragt.
Partner der braven Tochter haben es nicht leicht
Brave Töchter haben einen großen Wunsch nach Anerkennung. Er ist ihr Motivator, sich perfekt zu verhalten. Dahinter verbirgt sich der bereits erwähnte Glaubenssatz, sie wären nur liebenswert, wenn sie immer alles geben und niemals aufmucken würden. All das ist mit einem geringen Selbstwert und einem Mangel an Gefühl für sich selbst verbunden. Wer nur ein wenig Küchenpsychologie verwendet, der weiß sehr gut, dass dies eine gefährliche Mischung für Beziehungen ist.
Der Partner muss aufpassen, von der Frau nicht in die Rolle des Kindes gedrängt zu werden. Sie mag ihn zwar wie eine gute Mutter umsorgen, aber sie verbindet dieses Umsorgen auch mit konkreten Vorstellungen. Andere Meinungen werden nur eingeschränkt akzeptiert und wird sie kritisiert, verliert sie die Fassung – vielleicht nur innerlich. Auf der anderen Seite hat die Frau an ihren Mann Erwartungen, die sich mit denen an einen guten Vater decken. So soll er stets für sie da sein, sie annehmen und verstehen. Daraus entwickelt sich eine schwierige Mutter-Tochter-Mischung, die nichts mit einer selbständigen Partnerin zu tun hat. Selbständigkeit ist jedoch ein Kernkriterium für das Glücklichsein und für glückliche Beziehungen.
Raus aus der Braven-Tochter-Falle und rein ins Glücklichsein
Eine Tüchtigkeit ohne Grenzen führt irgendwann in die Traurigkeit. Niemand kann glücklich sein, wenn er seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse konsequent negiert. Gleichzeitig erhält er von dem Umfeld nicht die Anerkennung, die er sich wünscht. Was ist zu tun? Im ersten Schritt ist es wichtig, sich selbst näherzukommen. Hierfür ist eine Frage zentral: Wie fühle ich mich? Wer bereits als Kind nicht gelernt hat, Kontakt zu seinen Emotionen aufzunehmen, wird diese Frage kaum beantworten können. Es ist aber möglich.
Hierfür kann es ratsam sein, sich mit der eigenen Kindheit auseinanderzusetzen. Woher kommt das Übermaß an Tüchtigkeit?
Und auch diese Punkte müssen brave Töchter verinnerlichen, um glücklicher zu sein:
- Ich bin kein Kind mehr. Ich darf und kann mich anders verhalten.
- Ich darf mich selbst wichtig nehmen.
- Ich darf und soll Nein sagen.
- Ich darf mich auch dann gut fühlen, wenn ich etwas für mich allein tue.
- Ich darf mich auch dann gut fühlen, wenn ich gerade nicht gebraucht werde.
- Ich muss mich nicht von einem aufopfernden Perfektionismus triggern lassen, denn ich muss nicht immer perfekt sein.
Es ist nicht leicht, diese neuen Glaubenssätze für sich anzunehmen und umzusetzen. Übung ist erforderlich. Das bereits in der Kindheit erlernte Verhalten ist äußerst persistent. Es klebt förmlich an einem und es erscheint unbequem, sich davon in gesundem Maße zu lösen. Doch dies ist für brave Töchter wichtig. Der Lohn ist groß: Sie selbst sind glücklicher und auch die Menschen, die sie lieben, werden glücklicher sein. Das Glück aller kann so nah sein!
Dieser Artikel enthält Links zu den folgenden Beiträgen:
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- Glücklich Sein: Was brauchen Kinder zum Glücklichsein?
- Wie Viel Freizeit Braucht Es, Um Glücklich Zu Sein?
- Burnout: Wer Ist Schuld? Eine Selbstanalyse
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