Ich fühle mich einsam, aber allein bin ich häufig nicht. Es gibt einfach niemanden, der mich wirklich wahrnimmt. Niemanden, der mir einen netten Blick zuwirft. Niemanden, der ein ehrliches Interesse an mir zeigt. Niemanden, der mir wirklich zuhört. Niemanden, der mein Glück teilt. Dies sind traurige Sätze, die der eine oder andere von uns bereits gedacht hat. Oft kreisen sie im Kopf herum, wenn eine bestehende Beziehung kurz vor dem Aus steht oder eine Person keinen Partner mehr hat. Doch es ist möglich, aus diesem Gefühl der Einsamkeit auszubrechen und glücklich zu sein.
Inwiefern unterscheiden sich Alleinsein und Einsamkeit?
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begrifflichkeiten Alleinsein und Einsamkeit oft durcheinander geworfen.
Streng genommen unterscheiden sie sich allerdings.
Mit Alleinsein ist nichts anderes gemeint als ein Zustand. Eine Person befindet sich zum Beispiel allein in einem Zimmer oder geht ohne Begleitung ins Kino. Im Unterschied dazu ist Einsamkeit ein Gefühl, welches das innere Befinden umschreibt. Diese Person fühlt sich von der Welt verlassen und nicht geliebt. Sie glaubt, niemanden zu haben und zu niemanden zu gehören. Oft ist sie vielleicht gar nicht allein, da andere Menschen um sie herum sind. Dennoch fühlt sie sich einsam.
Einsamkeit macht Angst und ist mit Schamgefühlen besetzt
Die wenigsten Menschen geben zu, dass sie sich manchmal oder häufig einsam fühlen. Darüber hinaus ist das Gefühl der Einsamkeit eng mit Angst verbunden. Wir fürchten uns vor der inneren Leere und dem Gefühl, von der kompletten Welt verlassen zu sein. Dies geht mit der Angst einher, ausgeschlossen zu sein.
In unserer Gesellschaft hören wir vor allem von älteren Menschen oft den Satz: „Ich bin so allein.“ Gemeint ist jedoch: „Ich fühle mich einsam.“
Selbstverständlich kann es jedoch auch jüngere Personen treffen, die das stete Gefühl der Einsamkeit begleitet. Was ist dagegen zu tun? Lässt sich die Einsamkeit überwinden?
Die Einsamkeit besiegen
Für viele mag der Gedanke schrecklich sein, bewusst das Alleinsein zu üben, um etwaigen Gefühlen der Einsamkeit vorzubeugen. Sie suchen sich bewusst Ablenkung, damit sie dem Gefühl ausweichen können. Der Fernseher läuft den ganzen Tag oder das Radio ist ständig an, es werden belanglose Gespräche geführt und die Aufmerksamkeit auf Dinge gelenkt, die dieses Gefühl der scheinbar erdrückenden Stille übertönen. Doch da Alleinsein nicht gleich Einsamkeit ist, geht die Rechnung dauerhaft nicht auf. Wir können inmitten einer großen Menschenmenge stehen oder auf einer gut besuchten Party sein und uns dennoch einsam fühlen.
Einsamkeit ist kein Makel. Den schönsten und lustigsten Personen kann es passieren, dass sie sich einsam fühlen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sie in eine neue Stadt ziehen und das gewohnte Umfeld verlassen. Nun muss die neue Umgebung erkundet werden. Neue soziale Kontakte müssen gesucht werden, was unweigerlich das Gefühl hochkommen lässt, sich fremd zu fühlen. Diesem unsicheren Zustand müssen wir Zeit geben.
Sich mit neuen Menschen und Orten vertraut zu machen, braucht Zeit.
Diese sollten wir uns bewusst nehmen. Solche Lebensphasen sind normal und wir sollten sie aushalten können.
Um das Neue bestmöglich zu meistern, können wir die Aufmerksamkeit auf unser Inneres lenken. Sich kopflos in stetig neue Aktivitäten zu stürzen, ist dahingegen kontraproduktiv. So wichtig der Aufbau von sozialen Kontakten auch ist, wir sollten uns parallel dazu folgenden Fragen widmen:
- Wer bin ich und was will ich?
- Was wünsche ich mir vom Leben?
- Wonach sehne ich mich?
Sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, ist nicht immer einfach. Schmerzhafte Erinnerungen können hochkommen oder wir sehen uns auf einmal mit Zukunftsängsten konfrontiert. Das alles mag emotional belastend sein, aber dadurch lassen sich neue Kompetenzen entwickeln. Unsere Persönlichkeit wächst und wir werden reifer.
Glücklich sein trotz Einsamkeit: Wie gelingt dies?
Fühlt sich ein Mensch einsam und teilt dies Freunden oder Bekannten mit, kommt oft ein Rat: „Triff dich mit anderen Menschen. Schließ’ neue Kontakte.“ Das allerdings kostet viel Überwindung und Kraft, wenn sich das Gefühl der Einsamkeit bereits im Herzen breitgemacht hat.
Beachtenswert ist außerdem, dass die Erwartungen von einsamen Menschen sich selber und auch anderen gegenüber oft extrem hoch sind.
Sie raffen sich zur Party auf, treffen dort viele Menschen und fühlen sich danach dennoch einsam. Oft empfinden sie die Einsamkeit jetzt sogar noch intensiver, da sich ihre Erwartungen nicht erfüllt haben. Wenn es dir so ergeht, solltest du Ruhe bewahren. Es geht nicht darum, möglichst viele neue Telefonnummer ergattert zu haben. Vielmehr ist wichtig, dass du den Schritt raus in die Gesellschaft geschafft hast. Du solltest in Zeiten der Einsamkeit sehr freundlich zu dir selbst sein und dich gut um dich kümmern. Unternehme solche Dinge, die Dir Freude machen. Während Du Deinen Interessen nachgehst, lernst Du am leichtesten Gleichgesinnte kennen. Aber: Lerne auch, die Stille zu schätzen. In ihr kann viel Kraft liegen.
Ein Balanceakt: Rückzug und Geselligkeit
Nur wenn wir mit uns allein zurechtkommen und Einsamkeit aushalten können, können wir wertvolle Freundschaften und Partnerschaften eingehen. Das Leben ist ein Balanceakt zwischen Rückzug und Geselligkeit.
Wir benötigen Zeit für uns, um uns zu finden, uns zu sammeln und uns stetig neu zu definieren.
Auf der anderen Seite ist Geselligkeit wichtig. Sie ermöglicht, sich selbst zu reflektieren und Freude sowie Leid zu teilen. Schließen wir Freundschaft mit uns selbst, können wir wahre Freundschaft anderen zuteilwerden lassen.
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